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Rita Schober

Auf dem Prüfstand
Zola – Houellebecq – Klemperer

Mit einem Vorwort von Winfried Engler

356 Seiten, 29,80 €
ISBN 3-925867-72-4 (2003)

Rita Schober (geb. 1918, Prof. em., Direktorin des Romanischen Instituts der Humboldt-Universität zu Berlin 1955-1969) ist durch literaturtheoretische Arbeiten (Realismus, literarische Wertung, Strukturalismus) und literarhistorische Studien (Roman 19. und 20. Jahrhundert, Zola, Aragon) hervorgetreten.

Die vorliegende Auswahl ihrer nach 1990 veröffentlichten Artikel mit den Schwerpunkten Zola und Houellebecq bringt auch die eigene Wissenschaftsposition auf den Prüfstand. Als Beispiel beleuchtet sie kritisch ihre Rougon-Macquart-Edition und ergänzt ihre realitätsreferentielle Leseweise durch stärkere Betonung der Diskursanalyse, wie es zugleich ihre neue Studie zum Ausarbeitungsprozeß des Germinal exemplifiziert. Der Beitrag über den Parisführer zur Weltausstellung 1867 eröffnet einen Blick auf die gesellschaftliche Situation des späten Kaiserreichs, in dem der junge Zola mit allen Mitteln der Reklame um einen Spitzenplatz im literarischen Feld kämpft.

Die Aufsätze zu dem von der Pressekritik zumeist als „Skandalautor“ gehandelten Michel Houellebecq sind die erste wissenschaftliche Darstellung seines bisherigen Romanwerks auf Grund seiner ideologischen und romantheoretischen Voraussetzungen. Rita Schober sieht in Houellebecqs Werk, in einer gewissen Filiation zu Zola, den Versuch eines Umbaus des gesellschaftskritischen Romans und seiner gleichzeitigen Erneuerung unter postmodernen Bedingungen. Diese Fallstudie des umstrittensten Gegenwartsromanciers wird ergänzt durch einen Forschungsbericht über die neuesten Darstellungen zur französischen Romanentwicklung seit den 1980er Jahren.

Der Band schließt mit zwei als hommage für ihren Lehrer Victor Klemperer gedachten Artikeln zu seinen Tagebüchern und seinem Wirken nach 1945.

Inhaltsverzeichnis (als PDF-Datei)

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Zum Tod von Rita Schober

Am 26. Dezember 2012 ist die Berliner Romanistin und Literaturwissenschaftlerin Rita Schober im Alter von 94 Jahren verstorben.
Rita Schober, die "Grande Dame der Berliner Romanistik", wurde 1918 in Rumburg (Böhmen) geboren. Sie studierte in Prag Französisch und Italienisch und war später an der Universität Halle sowie an der Humboldt-Universität zu Berlin Mitarbeiterin von Victor Klemperer. In den 50er Jahren wurde sie als erste Frau auf einen romanistischen Lehrstuhl in der DDR berufen und trat Klemperers Nachfolge an der Humboldt-Universität an.
Rita Schober hatte zahlreiche Ämter im Wissenschafts- und Kulturbereich inne. Unter anderem war sie Vorsitzende des Nationalkomitees für Literaturwissenschaft der Akademie der Wissenschaften der DDR, Mitglied des Präsidums des P.E.N.-Zentrums der DDR und Mitglied des Exekutivrats der Unesco. Für ihr wissenschaftliches Werk wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Als "überzeugte Sozialistin", wie sie sich selbst - auch nach 1989 - charakterisierte, stand sie der Entwicklung der DDR kritisch und selbstkritisch gegenüber und sah, auch hinsichtlich ihrer eigenen wissenschaftlichen Tätigkeit, manch "ideologische Jugendverirrung ... symptomatisch für eine Zeit, in der alle ideologischen Fragen so überzogen ernst genommen wurden, als ginge es um die Zukunft der Menschheit".
Neben zahlreichen Publikationen zur Allgemeinen Literaturwissenschaft und zur Geschichte der französischen Literatur lag ihr ganz besonders das Werk Émile Zolas am Herzen. Dazu gehörte die Herausgabe des 20-bändigen "Rougon-Macquart"-Romanzyklus von Zola - in der DDR in den Jahren 1952 bis 1976 und in der Bundesrepublik von 1974 bis 1977 erschienen. Dabei erfolgte diese Edition gegen ausgesprochene Widerstände "von oben", denn (so Rita Schober) "in bezug auf den sexuellen Bereich gab es in den ersten Jahren der DDR eine von moralisierender Prüderie bestimmte Tabuisierung" und Zola stand "unter dem dreifachen Verdikt von Engels, Mehring und Lukács". Mit Zola, ihrem Lehrer Klemperer und mit Michel Houellebecq, den sie in der Nachfolge von Zola sah, befasste sie sich auch in dem in der edition tranvía erschienenen Band "Auf dem Prüfstand. Zola - Houellebecq - Klemperer". Ebenfalls in der edition tranvía erschien der von ihr herausgegebene Essay-Band "Voltaire" von Victor Klemperer.
Rita Schober war eine selbstbewusste und beeindruckende Persönlichkeit, und sie legte Wert auf Stil und Eleganz - man könnte sie als "bürgerliche Sozialistin" bezeichnen. Sie konnte warmherzig und anspruchsvoll sein, mitfühlend und streng - gleichgültig war sie jedoch niemals.
Walter Frey


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